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Nachruf

Nachruf

Aus der Zeitung

Ein Priester kehrt heim

Pfarrer Theodor Zentgraf   

* Hadamar, Montag 10.4.1882  + Dienstag 14.12.1965

(Zeitungsausschnitt)

Presberg. Theodor Zentgraf, einer der ältesten und bekanntesten Priester unserer Diözese, wurde in der vergangenen Adventswoche unerwartet aus dem Leben gerufen. In den Abendstunden des 14. Dezember brach er in seinem geliebten Montepreso auf dem Heimweg vor seiner Haustür tot zusammen.

Wir alle sind hier nur Pilger und Fremdlinge. Bei manchen Menschen tritt das besonders hervor. Das trifft auch bei Pfarrer Zentgraf zu. Sein Leben stand ganz im Zeichen der Pilgerschaft. Hadamar war seine Geburtsstadt. Vom dortigen Herzenberg brachte er eine innige Marienliebe mit. In seinem Gymnasium legte er den Grund für sein umfassendes Wissen. Zeitlebens verband ihn eine dankbare Erinnerung an seine Heimat.
Nach seiner Priesterweihe am 14. Februar 1906 begann seine Wanderschaft durch die Diözese. Als Kaplan war er tätig am Rhein und am Main, im Taunus und im Westerwald, auf dem Land und in der Stadt. Presberg war seine erste Pfarrstelle. Hier blieb er neun Jahre. Dann nahm er wieder den Wanderstab und weilte vier Jahre bei den „Wällern“ in Steinefrenz und ebenso bei den „Tauniden“ in Oberreifenberg, um dann schon 1936 in den Ruhestand zu gehen. Dieser Schritt war seine Rettung. Denn für das beginnende tausendjährige Reich hatte er nur eine beißende Ironie übrig. Dem aufrechten Mann waren die krummen Kreuze jener Zeit ein großes Ärgernis und ihr Ungeist eine stete Herausforderung. Nur im Ruhestand, den Augen der Öffentlichkeit entzogen, konnte er überleben.

Nachdem er im Krieg seine Wiesbadener Wohnung verloren hatte, schlug er sein Zelt wieder in Presberg auf. Bald gingen von hier aus seine Wege nach allen Richtungen zur Aushilfe bei seinen Mitbrüdern in der Seelsorge und am liebsten zum Dienst als Burgkaplan nach Sauerthal.
Man kann Pfarrer Zentgraf nicht mit gewöhnlichem Maßstab messen. Er war zu urwüchsig und eigenwillig, daß man ihn irgendwo einordnen könnte. Er hat sich gern einen Poeten genannt und damit etwas von seinem Wesen verraten. Mit dieser Bezeichnung wollte er sich nicht stolz unter die Dichter zählen, sondern nur zum Ausdruck bringen, daß er ein Sänger sei, der in das tausendfache Lob der Schöpfung einstimmen müsse. Er sprach mit Blumen und Vögeln und lauschte Wassern und Wind. Freude und Leid der Menschen bewegten ihn sehr.
Unzählige Verse hat er zu Festen und Jubiläen niedergeschrieben. Der Poet schlug unbekümmert die Saiten, mochte es auch den Ohren nicht immer harmonisch klingen und mancher sich sogar betroffen fühlen. Wer konnte ihm böse sein deswegen? Seine schönsten Strophen hat er der himmlischen Königin und Mutter gesungen. Hier zeigte sich der andere bestimmende Zug seines Wesens. Ganz marianisch war seine Frömmigkeit geprägt. Sein Blick wurde angezogen von dem großen Zeichen, das seit den Urtagen am Adventshimmel der Menschheit steht, von der hohen Frau, deren Nachkomme der Schlange den Kopf zertreten wird.
Man mußte immer wieder staunen, wie jugendlich und begeisterungsfähig der 83jährige geblieben war. Die Erklärung dafür liegt in dieser marianischen Verbindung. Mit Gebet und Studium war sein Tag ausgefüllt. Wer ihn in seinem kleinen Arbeitszimmer besuchte, spürte bald den wachen Geist, der bei den griechischen und lateinischen Kirchenvätern Weisheit suchte, sich unter den deutschen Klassikern auskannte, sich in französische Bücher vertiefte und italienische Zeitungen las.
Die Presberger schätzten ihn sehr. Jeden Nachmittag sahen sie ihn zum Kreuzweg und zur Anbetung in das Gotteshaus pilgern. Bei seinem goldenen Priesterjubiläum hatten sie ihn zu ihrem Ehrenbürger ernannt. Jetzt rüsteten sie zum diamantenen Jubiläum, das in zwei Monaten sein sollte. Doch er kam allem zuvor. Als man sich noch um ihn vor seiner Haustür bemühte, hatte er bereits das Tor zu den ewigen Wohnungen durchschritten. Am letzten Samstag trug die Gemeinde Presberg in einer sehr würdigen Feier ihren Ehrenbürger, den frohen Sänger und frommen Pilger von Montepreso, zu Grabe.

       Mohr