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Der Buttermilchorden

Der Buttermilchorden

Schnurre aus der Steckrübenzeit

In dem grimmen Völkerringen
war die Welt von Wut betört,
heute will ich Heitres singen,
drum auf meine Reime hört!

Mancher in den Stoppeln büßte,
der gewöhnt war an den Klee
freundlich man die Bauern grüßte
an dem Rhein wie an der Spree.

Preußen selbst hielt strenges Fasten,
Freitag war fast jeder Tag,
doch es waren meist die Lasten
ungleich ausgeteilt zur Plag.

Jedes Dörfchen ward gepriesen,
jeder Vetter auf dem Land
denn wo grüne Halme sprießen
man noch Milch und Eier fand.

Hei! da gab es noch zu essen,
und der Städter langte zu
habt Ihr's wirklich schon vergessen
was Ihr all verdankt der Kuh?!

Viele lobten bei dem Schmausen
bergehoch der Butter Gold
andre fingen an zu mausen,
denen war kein Bauer hold.

In den überfüllten Zügen
schob man Speisen in die Stadt
mancher lernte damals lügen,
was doch Gott verboten hat. ---

Dichtgedrängt ist heut die Sperre,
keuchend kommt der Zug heran
seht in Uniform ein Herre
kontrolliert jetzt Mann für Mann.

Korb und Rucksack stehen offen,
kleinlich ist der Vater Staat
darf man auf den Endsieg hoffen,
wenn aus Tugend wird Verrat?!

Kurz ist der Minuten Spanne,
mit Kasernenmiene frägt
stramm er: "was ist in der Kanne,
die das Fräulein sorglich trägt?""

Buttermilch! nur ein Gemenge
ohne Butter, ohne Rahm!"
doch der Wachmann im Gedränge
gern wohl eine Probe nahm.

Und er greift mit seinen Fingern
keck hinein und wühlt und fühlt
traut er nicht den jungen Dingern? -
heute wird er abgekühlt.

Sprach sie: sind wir denn Zigeuner?!
herrscht heut nur Kasernendrill?
lächelnd ruft sie: schau mal einer,
wie er untersuchen will!

Warum pirscht er nach der Butter?
hat er denn ein Herz aus Stein?
soll das trinken meine Mutter,
drin er wusch die Hände sein?! -

Und sie gießt ihm unter Lachen
ins Gesicht der Kanne Naß:
"Herr Gendarm, Ihr reizt die Schwachen,
doch wir rächen uns im Spaß!"

Und sie schwingt sich flink nach oben,
übers Trittbrett ins Abteil
drüben wird der Stab gehoben:
"Abfahrt!" heißt es, ohne Weil.

Weh! der Buttermilchbeschmutzte
stand noch ganz verwundert da,
eifrig wischte er und putzte,
wo er weiße Flecken sah.

Puterrot ist er geworden,
schlagen möcht' er mit dem Stock,
weil er trägt den neu'sten Orden
von der Buttermilch am Rock.

Schleunigst möcht' er sich begeben
in das tiefste Mauseloch,
denn er muß den Spott erleben:
"Ritter Milchbart lebe hoch!"

Fern von Eiern, Speck und Braten
in der Front wohl möcht' er sein,
möcht' durch Blut und Eisen waten
waschen seine Ehre rein.

Könnt' er doch das Bangen bannen,
wenn er stolz im Stechschritt schwebt,
nachts im Traume sieht er Kannen
die ein Mädchen drohend hebt.

Läßt er irgendwo sich blicken,
dies Gekicher macht ihn krank
kaum noch wagt er aufzublicken...
das ist Vaterlandes Dank.

Wer befreit ihn von den Wehen?
nirgendwo fühlt er sich wohl
ach! da hilft kein schnurrbartdrehen
wenn der Geist wird schwach und hohl.

Stillgestanden! durchgehalten!
schien der Weisheit höchster Spruch
doch das Volk war tief gespalten
längst vor dem Zusammenbruch.